resonanzen

Martin Braun, in: Die Oberbadische – Regio Kultur, Pressetext
Johann Peter Hebel und die „Frauengeschichten“


Badische Neueste Nachrichten
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Karlsruhe/Darmstadt, (16.12.2020). Neben zahlreichen sehr bekannten Namen wie Daniel Kehlmann und Frank Schätzing ist jetzt auch ein evangelischer Pfarrer Mitglied des Schriftstellerverbands PEN-Zentrum Deutschland. Es sei eine große Freude und Anerkennung seiner literarischen Arbeit, sagte der Theologe und Lyriker Thomas Weiß am Mittwoch dem epd. Der 59-jährige ist Leiter der Evangelischen Erwachsenen- und Familienbildung in der badischen Landeskirche in Karlsruhe. Er wurde im Dezember zusammen mit 40 weiteren Autorinnen und Autoren aufgenommen.

Seit 1998 veröffentlicht Weiß seine Werke in Zeitschriften, Anthologien und etlichen Gedichtbänden. Er ist Mitglied in der Gesellschaft für zeitgenössische Lyrik in Leipzig und im Förderkreis deutscher Schriftsteller in Baden-Württemberg. Derzeit arbeitet der Autor, der eine Krebserkrankung und eine schwere Covid-19-Erkrankung überstanden hat, an einem Erzählband über den Dichterpfarrer Johann Peter Hebel. Zuletzt ist von Weiß im Drey-Verlag (Gutach) sein Lyrikband „im wort laut“ erschienen.

Seine ersten Schreibversuche startete Weiß als Jugendlicher mit einem nach Rainer Maria Rilke formulierten Liebesgedicht, an dem er gescheitert sei, sagte er. Zum Schreiben ermutigt haben ihn auch die Gedichte der Schriftstellerinnen Hilde Domin und Rose Ausländer. Im Studium der evangelischen Theologie in Bielefeld und Heidelberg begann seine erste intensivere Beschäftigung mit dem Verfassen von Gedichten.

Mit den diesjährigen Neuaufnahmen umfasst das PEN-Zentrum Deutschland künftig 785 Mitglieder. Um in den Schriftstellerverband aufgenommen zu werden, muss ein Autor oder eine Autorin von zwei PEN-Mitgliedern auf der Mitgliederversammlung vorgeschlagen werden.

Quelle: epd


Zu: Oberlin, Waldersbach

»Pfarrer Oberlin, den unvergesslichen und doch schon fast vergessenen wunderlichen Seelenhirten und Menschenfreund wieder zum literarischen Leben zu erwecken: das ist Thomas Weiß’ großes Verdienst.«
Rüdiger Safranski


Zu: Vom Himmel auf Erden

Es entstanden lyrische Texte, nachdenkliche Reflexionen, Essays, Erfahrungsberichte höchst unterschiedlicher Art – immer geerdet, nie abgehoben in altväterliche Himmelshöhen. Gegenwart wird dargestellt, kritisch vermessen und durch lebendige Perspektiven zu weiterführenden Dialogen und eigenen Reflexionen angeregt. Die Texte bieten mannigfaltige Möglichkeiten über die Festtage es Kirchenjahres ins Gespräch zu kommen – auch Ergänzungen vorzunehmen – und sie in ihrem biblischen Kontext vom Himmel in den Alltag zu holen.

Halgard Kuhn
aus: Der Evangelische Buchberater, 1/2014


Zu: Vom Himmel auf Erden
aus: Badische Neuesten Nachrichten, 15.12.2013
Fernab aller „Früher-war-alles-besser“-Sehnsucht knüpfen (die 21 Autorinnen und Autoren des Buches) an kirchliche Feste an und holen in Prosa oder Lyrik den Himmel auf Erden: mal zustimmend, mal kritisch, mal assoziativ, mal weiterfragend. Ein Lesebuch für Neugierige.

aus: Konradsblatt 50/2013


Das Buch, das mich 2013 unglaublich berührt hat, sind die „Geschichten vom Herrn G.“ des in Karlsruhe geborenen evangelischen Pfarrers, Literaten und Lyrikers Thomas Weiß. Mit seinen Geschichten regt er zum Nachdenken und Nachfühlen an … der dritte Teil sind jene Geschichten vom Herrn G, die einfach wunderbar sind. Wenn man diese liest, könnte man weinen und lachen gleichzeitig. Er erzählt darin von Gott, Mensch und Welt, vom Glücklichsein und Scheitern, vom Glauben und Zweifeln. Traumhaft schön und literarisch großartig.
Iris Strobel, Klosterbuchhandlung Beuron


(2014)
Thomas Weiß ist ein Dichter und ein Pfarrer, es steckt Poesie in seinen Antworten, in den Geschichten, und es steckt die harte Realität seines Berufes in vielen Texten, das Begleiten der Menschen in den schwierigsten Situationen. Man wird aufmerksam gemacht mit diesen Texten, lernt und bekommt brauchbare Bilder und Anstöße. (Siegfried Völlger, hugendubel.de)
Dieses Buch ist befreiend, weil man so frei über Herrn G. denken darf. Man lernt einen Gott kennen, der einem gar nicht verbietet, ihn weiter zu denken. (Alexander Köhrer, Für Arbeit und Besinnung)
aus ekz:
Weiß, Thomas:
Geschichten vom Herrn G. : Prosa / Thomas Weiß. – Tübingen : Klöpfer & Meyer, 2013. -179 S. ; 20 cm. ISBN 978-3-86351-050-3 fest geb. : EUR 19.50


Auf seinen Gedichtband „von weit“ (vgl. BA 6/10) lässt Weiß ein Triptychon verschiedener Prosaformen folgen: nüchtern-knappe Erzählungen um menschliche Schicksale, in denen viel von Krankheit und Schmerz, Demenz und Tod die Rede ist; sodann miniaturhafte „Zerzählungen“, die durch die Neuschreibung von Wörtern und das Beim-Wort-Nehmen der Sprache neue Sinnzusammenhänge schaffen, und schließlich die „Geschichten vom Herrn G.“, die rund die Hälfte des Bandes ausmachen.
In ihnen erschafft sich der evangelische Theologe mit reichlich Fantasie und Bezug auf die Bibel einen keineswegs allmächtigen Gott, dem nichts Menschliches fremd ist. In allen 3 Gattungen verlässt Weiß das gesicherte Gelände religiösen Sprechens, um in unkonventioneller Weise auf letzte Dinge zu kommen. Dabei werden keine (wohlfeilen) Antworten gewagt, sondern Fragen gestellt, die geeignet sind, zum Denken anzuregen – wie diese völlig „unmissionarische“ Sprache ohnehin immer wieder auf die weltlichen Erfahrungen verweist, die der Autor aus seiner Tätigkeit in derErwachsenenarbeit und in der Hospizbewegung bezieht. – Breit empfohlen.
Manfred Bosch


Zu den „Geschichten vom Herrn G.“:
»Wer sich mit Sprachschrumpfungen auskennt, wer mit den Schatten zwischen den Buchstaben vertraut ist, der kann auch jenen Menschen eine Stimme geben, die ihr Leben ein Stück weit bereits ›ausverkauft‹ haben. Mit großer Buchstabenfeinfühligkeit geschieht das in den Miniaturen von Thomas Weiß. Und in seinen wunderbar heiteren Kalendergeschichten vom Herrn G. lernt man einen Leser kennen, der die Welt im Innersten zusammenhält. Gott ist ein Schriftsteller, sagte bereits Johann Georg Hamann, der Freund Kants. Und ein Leseverrückter. Das ist er auch.«
Klaas Huizing, Theologe und Schriftsteller


»Dieses Buch reißt einen mit: Thomas Weiß geht mit sicherem Sprachgefühl und spürbarem Mitgefühl durch diese Welt. Man spürt: Er kennt sich aus. Es sind, bei aller Härte, die deutlich zu Tage tritt, Fingerspitzentexte mit Tiefgang, des mehrfachen Lesens wert. Herr G., niemand Geringerer als der, den wir land- und stadtläufig noch immer GOTT nennen, obwohl wir nicht wissen, dass es sein wirklicher Name ist, taucht auch am Rande auf, entpuppt sich als der randständige Gott. Sein Platz ist bei denen am Rande. Wenn ER denn ist und überhaupt irgendwo ›wohnen‹ sollte, dann wohl am Rande, bei denen, die am Rande sind. ›Die Geschichten vom Herrn G.‹ sind der konkrete Ansatz einer ganz und gar weltlichen Theologie der Befreiung, die in unserer Geld-Schein-Gesellschaft längst überfällig ist. Und sind auch ein sensibler Hornstoß hin zu den gegenüber der Welt verschanzten Kirchen.«
Michael Albus, Theologe und Journalist


Neue Gebete auf der Höhe der Zeit, 30. Juli 2012
Von Christian Döring „leseratte“ –
ZU: Ich komme zur dir: Gebete zu den Wochenpsalmen des Kirchenjahres (Gebundene Ausgabe)

Für Thomas Weiß sind die Psalmen „keine zeitlosen Gebete, sondern Gottes – Anrede mitten in der Zeit, Gebete immer für Zeitgenossen.“ Mit seinen Gebeten bringt der Autor all die menschlichen Gebrechen und Gefühle vor Gott, egal ob Klage oder Schmerz, Dank oder Zorn. Seine Gebete hat der Autor, als Pastor seiner Gemeinde bereits mit ihr gebetet und somit auch erprobt.
Der erste Teil des Buches widmet sich den Wochenpsalmen. Beginnend mit dem 1. Sonntag im Advent stellt uns Th. Weiß seine Texte vor. Sprachliche Anmut lässt der Autor walten und was ebenso wichtig ist, er holt mit seinen Worten die eingeladenen Mitbeter in ihrem Glaubensalltag ab. Thomas Weiß ist in seinen Gebeten zwischenmenschlich und weltpolitisch aktuell und auf der Höhe der Zeit, er bezieht Stellung und genau dies macht die Stärke und Attraktivität seiner Texte aus.
In einem weiteren Teil des Buches hat der Autor dann selbst Psalmen ausgesucht zu denen er Gebete verfasst hat.
Dieses Buch mit seinem blauen Lesebändchen ist Menschen zu empfehlen die Gottesdienste gestalten, aber auch denen die im kleinen Kreise oder für sich ganz allein gern auf vorformulierte Gebete zurückgreifen.


Musik der Worte trifft Musik der Töne

Schwarzwälder-Bote, vom 24.01.2012 21:00 Uhr

Von Gabriele Adrian

Freudenstadt. Zu einer nicht alltäglichen Konzertlesung hatte das katholische Erwachsenenbildungswerk in die Freudenstädter Taborkirche eingeladen. Thomas Weiß, evangelischer Pfarrer in Gaggenau und Autor mehrerer Gedichtbände, las aus seinen Werken. Karl Echle, Regionalkantor an der Taborkirche, gelang mit einem einfühlsamen Vortrag am Flügel die Synthese der Musik der Worte mit der Musik der Töne.

Dekan Markus Ziegler war seine Vorfreude auf den besonderen Abend anzumerken, als er Thomas Weiß begrüßte. Der „Verlegenheitslyriker“ Weiß, wie er sich selbst schmunzelnd nannte, wurde 1961 geboren, wuchs in Rastatt auf, studierte Theologie und ist Pfarrer der evangelischen Lukasgemeinde in Gaggenau.

Vorgetragen wurden Gedichte aus dem im Jahr 2010 erschienenen Band „von weit“. Es entstand der Eindruck, als lese der Autor seine Werke selbst zum ersten Mal, als entdecke er zusammen mit dem Auditorium seine „Worte der Musik“ immer wieder neu, mit heißem Herzen und brennenden Worten. Zu hören gab es „Literarisches in der Welt der Theologie und Theologisches in der Welt der Literatur“, so Weiß.

Die Gedichte fußen auf biblischen Texten und umschreiben diese. Der Autor bereicherte sie mit eigenen Gedanken und Gefühlen. In seinem Gedichtband ist eine stringente Thematik erkennbar, die den Autor zu erfüllen und zu leiten scheint. Der Spannungsbogen zwischen Reden und Schweigen steht am Anfang des Gedichtbands und offenbart die künstlerisch-literarische Entwicklung des Autors, gefolgt vom Kernstück, meditativ-reflektierenden sowie provozierenden Texten zu Versen der vier Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes. Der Schlussteil des Werks ist mit dem Titel „leben satt“ überschrieben und kreist um existenzielle Grundfragen des Menschlichen. Die Gedichte klingen aus dem Mund von Thomas Weiß wie eine Musik der Worte, einer einzigartigen religiösen Lyrik. Die Texte sind eindringlich und führen in die Tiefe von Leben, Liebe, Trauer, Leiden und Tod. Als erfrischende Zugabe las Thomas Weiß Auszüge aus einem im Laufe dieses Jahres erscheinenden Prosaband mit hintergründigen Geschichten des „Herrn G“ (Gott), die manchem Zuhörer ein Lächeln entlockten.

Regionalkantor Karl Echle spielte bravourös Werke von Händel, Schubert, Chopin und Mozart und erlaubte somit ein entspanntes Zuhören und sich Hingeben an die Musik und das Reflektieren der gehörten Texte.


„Auch Finsternis ist nicht finster bei Dir“
Gebete und Meditationen für die Begleitung Sterbender und Trauernder

„Verlegene Worte in der Sprachlosigkeit“ nennt Thomas Weiß seine „Gebete und Meditationen für die Begleitung Sterbender und Trauernder“. „Auch Finsternis ist nicht finster bei Dir“ heißt sein soeben im Gütersloher Verlagshaus erschienenes Buch. Fünf Meditationen sind die Vorworte für ebenso viele Gruppen von Gebeten, die Thomas Weiß, Pfarrer der Evangelischen Landeskirche in Baden, geschrieben hat, nach Worten suchend, „wo es eigentlich keine Sprache mehr gibt“: Ein Kind stirbt. Jemand bleibt allein zurück, weil ein lieber Erwachsener nicht mehr lebt. Ein Mensch ist durch Suizid ums Leben gekommen. Die Seele weint. Schweigen und Schmerz werden unerträglich. Und doch, „lebendiger Gott, ich lebe/ von dir her,/ ich sterbe zu dir hin.“

Thomas weiß, wie Worte wirken. Kaum jemandem ist das Wort so lieb und wert wie ihm. Selbst den Weiß-Anteil der Seiten nutzt er, um Unsagbares zur Sprache zu bringen und der Leserin, dem Leser, Raum zum Hineinweben des Eigenen zu lassen. Er steht zum Wort wie das Wort ihm zu Gebote steht – in Präzision, Herzenswärme und theologischer Durchdringung.

Entstanden sind die Texte in Begegnung. Auf „spezifische Erfahrungen hin“ sind sie formuliert. Mit Sterbenden, mit Trauernden, hat der Wegbegleiter sie gesprochen. Uns Lebende will er „ermutigen, selbst zu beten, die eigene Stimme ins Trauerspiel zu bringen“. Mit ausgesprochen menschlichen Worten gelingt ihm das, will heißen: Was ist, darf sein und ausgesprochen werden, wie verlegen und traurig, wie flehend und zornig, wie fordernd und zutraulich auch immer.

Gott ist dem betenden und meditierenden Schriftsteller dabei ein Gegenüber, dem alles vertraut ist, was zum Menschsein gehört, dem deshalb auch alles (!) anvertraut werden darf, letzlich doch glaubend „dass meine Tränen bei dir aufgehoben sind“. „Kein Blatt vor den Mund zu nehmen“, schreiben Thomas Weiß die Psalmen vor. In ihnen wie in seinem Buch bleibt manches offen – wie auch könnte man sich „versöhnen mit diesem Sterben ohne Abschied, diesem Fortgehen ohne Gruß“? Was auf 160 lesens-, nachdenkens- und mitbetenswerten Seiten steht, wirkt hilfreich und im besten Sinne tröstend, weil die Lücken, die Wunden, die unsagbar schmerzhafte Härte des Todes beim Namen genannt werden. Zugleich kann sich, wer das Buch aus beruflichem oder privatem Interesse liest, beim eigenen Namen gerufen und angesehen wissen. „Mein Gott, … Du verlierst mich nicht aus den Augen, wenn ich durch den Tod schreite.“

„Die besten Tage kommen erst“ sind die letzten Worte im neuen Buch von Thomas Weiß. Ich empfehle es allen, die Sterbende und Trauernde begleiten oder gerade selbst begleitet sein mögen. Eben erst ist der Schriftsteller 50 geworden. Man darf gespannt sein, was von ihm erst noch kommen wird…

Thomas Weiß, Auch Finsternis ist nicht finster bei dir, Gebete und Meditationen für die Begleitung Sterbender und Trauernder, 2011, Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus in der Verlagsgruppe Random House GmbH, München, € 9,99

Rezension: Joachim Faber, (* 1955) Erziehungswissenschaftler mit systemischer Zusatzausbildung. Sein haupt- und freiberufliches Metier sind Erwachsenenbildung und Beratung mit besonderem Interesse an Qualitätsmanagement. Sein privates Interesse gilt der Fotografie und der Musik.


Lyrik der Grenzgänger

Lesung der Theologen Thomas Weiß und Helmut Zwanger

Vier Dichter standen 20 Zuhörern gegenüber – am Freitagabend im Horber Kloster. Die Dichter wussten sicher bereits im Vorfeld, dass der Klostersaal nicht brechend voll sein würde – die interessierten Besucher konnten sich die besten Plätze aussuchen, sich zurücklehnen und den Vorträgen und Erläuterungen mit Genuss lauschen.

Alfred Binder

Obwohl sich Thomas Weiß (links) und Helmut Zwanger (rechts) erst in Horb kennengelernt haben, sprechen sie doch beide eine einheitliche Sprache in ihren lyrisch-theologischen Gedichten. Bild: bin

Horb. Der Horber Lyriker Walle Sayer begrüßte namens des mitveranstaltenden „Projekt Zukunft“ die weiteren drei Dichter. Unter den Zuhörern waren von den Mitveranstaltern Iris Müller-Nowack, die Geschäftsführerin der Katholischen Erwachsenenbildung im Kreis Freudenstadt, sowie die evangelische Pfarrerin Susanne Gaiser aus Eutingen und ihr Kollege Eugen Krönig aus Dettingen. Nur von der katholischen Kirchengemeinde, dem vierten Veranstalter, war kein offizieller Vertreter da.

Walle Sayer stellte zunächst den Moderator des Abends, Professor Karl-Josef Kuschel, vor. Der 62-jährige Kuschel lehrt an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Tübingen, engagiert sich zudem am Institut für ökumenische Forschung sowie bei der Stiftung Weltethos und hat selbst einige Bücher geschrieben.

Professor Kuschel ließ wissen, dass er die Arbeiten der an diesem Abend rezitierenden Lyrik-Dichter Helmut Zwanger und Thomas Weiß seit Jahren aufmerksam verfolge und auch das ein oder andere Mal ein Vorwort oder Nachbetrachtungen für die beiden „theologischen Lyriker“ geschrieben habe. Neugierig machte Kuschel seine Zuhörer, indem er von einer „Horber Weltpremiere“ sprach. Thomas Weiß und Helmut Zwanger hatten sich nämlich erst wenige Minuten vor Beginn der Dichterlesung kennengelernt. Allerdings seien die beiden Autoren sogenannte „Grenzgänger“, die den nicht immer einfachen Spagat zwischen Lyrik und Theologie bestens beherrschten und sich somit auch ohne vorherige Absprachen oder Proben verstehen würden.

Grenzgänger seien die beiden auch zwischen den Landesteilen Baden und Württemberg. Zudem gehörten sie verschiedenen Generationen an, so Kuschel. Der Moderator betitelte Helmut Zwanger und Thomas Weiß als Wortkünstler und damit als Dichter im herkömmlichen Sinne. Die Zuhörer bat er um volle Konzentration, denn nur dann komme man hinter den Sinn der Lesungen, wobei der Professor ein späteres Nachlesen der Werke empfahl.

Der 68-jährige Helmut Zwanger war Repetent am Evangelischen Stift in Tübingen sowie Pfarrer in Sindelfingen und Tübingen. Er engagiert sich als Ruheständler, wie Kuschel sagte, heute noch im jüdisch-christlichen Dialog und in der Friedens- und Kirchenasylarbeit. Der 1961 in Karlsruhe geborene Thomas Weiß war nach seinem Theologie-Studium in einigen evangelischen Pfarrgemeinden tätig, engagiert sich in der Erwachsenenbildung und ist derzeit Pfarrer in der Lukasgemeinde Gaggenau.

Zunächst trug Helmut Zwanger einige, meist sehr kurze Gedichte aus seinen Büchern „Morgenlicht“ und „Gott im Gedicht“ sowie aus seinen drei Bänden über Israel vor. Er liebt kurze Texte. Dabei übt er einen wohltuenden Wortverzicht aus Respekt vor dem Wort und ist gleichzeitig ein Spracharbeiter und Sprachverliebter, der seine Worte regelrecht hegt und pflegt wie andere Mitmenschen materielle Güter und Werte.

Zwanger und später auch Weiß lasen ihre Gedichte immer zweimal, denn so konnte sich der Zuhörer das Vorgetragene besser einprägen. Zwangers Gedichte tragen Titel wie „Antijudaismus“, „Theologen“, „Alpha und Omega“, aber auch „Messias“, „Reformation“ und „Bibel, zwei Testamente“. Thomas Weiß, der jüngere Lyriker und Theologe, las aus seinem letzten und wichtigsten Gedichtband „von weit“ Texte wie „Aufrauhen“, „Erwägungen wörtlich“, „Lesereise“ oder „Beispiel“ und „Kleider“. Dabei bedient sich Weiß nicht bedenkenlos überflüssiger Worte, sondern er wählt seine Worte kurz und prägnant aus. Seiner Meinung nach ist Lyrik Text und Schweigen in einem, was für den Zuhörer und Leser nicht immer leicht verständlich ist. Allerdings, und dabei ist er sich sicher: „Aus Schweigen kannst du kein Gedächtnis bauen.“ Bei Weiß werden Sinn und Sinnlichkeit verbunden, und so entstehen oft sogenannte Meditationswerke.


3.7.2010, Die Welt – online

von weit.

von Dorothea von Törne
Von Thomas Weiß. Klöpfer & Meyer, Tübingen. 210 S., 18,90 Euro.
Einen größeren Gegensatz als den zwischen Ron Winkler und den bedachtsam von Wort zu Wort tastenden Gedichten des 1961 in Karlsruhe geborenen evangelischen Theologen Thomas Weiß kann man sich kaum vorstellen. Gemeinsam ist ihnen nur die Ignoranz durch die Literaturkritik. Natürlich geraten Verse eines praktizierenden Pfarrers aus dem badischen Gaggenau in den Verdacht, reine Verkündigungsliteratur zu sein. Doch von jeglichem Pathos entschlackt und nicht im Geringsten kuschelig nimmt das fünfte Buch des Thomas Weiß Skeptikern den Wind aus den Hohnsegeln. Epigrammatisch kurz denkt Weiß über das Verhältnis von Sprechen und Schweigen nach, über Anfang und Ende, Altern und Tod, vor allem aber über eine wohltuende Entschleunigung des Redens, der Sprache, im Lärm des Zeitgeistes. Dass die Dreifaltigkeit formal auf die Komposition des Bandes in drei Kapitel durchschlägt, ist inhaltlich und thematisch legitimiert. In den Texten des ersten Teils betreibt der Autor – ausgehend vom Schöpfungsbericht „Am Anfang war das Wort“ – Sprachexerzitien. Mit Zeilenbrüchen, die zum Durchatmen einladen, widmet er sich dem einzelnen Wort, durchbricht die Leier wohlgeschliffene Sätze, raut oberflächlich dahingesagte Worte auf, verzichtet auf vermeintliche Gewissheiten und stellt Fragen, die eine Fülle von Antwortmöglichkeiten eröffnen. Im titelgebenden Mittelteil wählt er einzelne „Kernworte“ aus den Versen der Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes – nicht um sie zu interpretieren, sondern um menschliche Erfahrungsmuster durch die Jahrtausende bis heute zu assoziieren. Brecht hätte das Verfremdungseffekt genannt. Damit biblischer Urtext und Weißsches Gedicht in einen kritischen Dialog miteinander treten können, bedarf es freilich der erneuten Lektüre sowohl des Neuen als auch des Alten Testaments. Griechische Mythologie ist in zeitgenössischer Lyrik allgegenwärtig; biblische Legenden seltener. Unausgeschöpften Ressourcen der Überlieferungen nähert sich Weiß undogmatisch und originell. Ein aus neuem Denken geborener großer sprachlicher Schöpfungsakt wie der der Inger Christensen bleibt allerdings aus. Stattdessen setzt Weiß genaue und unsentimentale Wortfolgen und hat am Ende alle Geschundenen und Ausgegrenzten im Sinn.


Borro-Rezension

Gedichte über biblische Themen und Texte.

Wahrscheinlich muss die poetische Intuition immer pulsieren, um auf derart kreative Art die Welt, beginnend aus ihren Anfängen, wahrzunehmen. Der dreigeteilten Band beginnt mit “anfang wort”. Dabei geht es um das Verhältnis von Reden und Schweigen: “erlaube – dass ich heimwärts – schweige—ich mag jetzt nicht mehr – kreisen – um den ton”. Wie wichtig und notwendig es ist, in klösterlicher Ruhe, Stille und Einkehr zu verweilen, um wieder kreativ zu werden. Im Teil II “von weit”, den ich als Höhe- oder Mittelpunkt des Bandes bezeichnen möchte, geht es um ausgewählte Texte der vier Evangelisten, die meditativ und tiefgründig aufgebrochen werden: “wer wort – reich – sein will muss – malen können—muss sehen – farblich”. Eine Aufforderung, zu hinterfragen und mit dem Wort und nicht mit Worthülsen zu leben. Der Teil III “lebens satt” stellt die Sinnfrage des menschlichen Daseins: “wenn du nur noch – in gedanken gehen kannst – sind deine wege weit und steil—du stolperst öfter – als du denkst – verletzt dich dabei”. Das kann als eine Aufforderung gesehen werden, den Atem anzuhalten und zu schweben, innezuhalten und zu ruhen, um wieder neue Kraft zu schöpfen. Der Theologe Thomas Weiß fokussiert die Sinnfrage in seinen Gedichten und er hinterfragt die Texte der Evangelisten und lässt sie neu er-lesen. Ein wunderbarer Gedichtband, dem ich einen großen Leserkreis wünschen würde.

Elfriede Bergold